Das englische Ensemble Apartment House

Das Londoner Musikleben ist zwar sehr reichhaltig, aber für experimentelle neue Musik bietet es allenfalls Nischen. Ob es der gegenüber Extremen eher skeptische common sense der Briten ist, ob es die nach wie vor wirksame 'Reformpolitik' der Thatcher-Ära ist, die durch radikalen Subventionsabbau den nicht marktkonformen Kunstformen den Boden unter Füßen wegzog: für Interpreten, die sich ausserhalb des Angebots mit approbierten Namen - Davies, Ligeti, Henze, Adams, Adès, Pärt usw. - bewegen, ist es extrem schwierig, sich in London am freien Markt durchzusetzen. Und von zwei, drei BBC-Mitschnitten pro Jahr kann ein Ensemble nicht leben.

Das gilt auch für das 1995 vom Cellisten Anton Lukoszevieze gegründete Ensemble Apartment House. Seither hat es sich durch Ausdauer, harte Arbeit und Enthusiasmus einen erstklassigen Ruf unter Kennern der neuen Musik erworben. Es ist heute das wohl profilierteste Ensemble für neue Musik in London. Von einem Status, der seinen Mitgliedern erlauben würde, von ihrer Arbeit halbwegs zu leben, ist es allerding noch weit entfernt. Dazu ist auch sein Repertoire zu wenig angepasst. Es widmet sich vor allem der experimentellen Avantgarde amerikanischer und europäischer Herkunft. Zu seinem Repertoire gehören Stücke von Cage, Wolff und Tenney ebenso wie von Scelsi, Lachenmann, Stäbler, Hespos, Schnebel, Klaus Huber, Xenakis, Oehring oder Spahlinger. Viele dieser Namen sind in England noch kaum bekannt, mit Ausnahme von Huddersfield, wo die kontinentale Avantgarde schon immer ein gutes Forum beim Huddersfield Contemporary Music Festival fand.

Seine Aufmerksamkeit richtet Apartment House aber auch auf die Tradition der experimentellen Musik im eigenen Land. In Konzerten mit Michael Parsons und Howard Skempton erinnert das Ensemble an das Erbe das legendären Scratch Orchestra. Von den Jüngeren finden sich auf ihren Programmzetteln Komponisten wie Christopher Fox, Alwynne Pritchard oder James Clarke, einer der wenigen englischen Komponisten, der die kontinentale Entwicklung seit Jahren kontinuierlich verfolgt.

© 2002 Max Nyffeler.

Der Text ist erschienen in der Zeitschrift Positionen, Nr. X/2002

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