Götz Friedrich inszeniert Salome als psychologischen ThrillerEine faszinierende Filmproduktion der Strauss-Oper
Gedreht wurde der Einakter, wie es damals bei der Unitel häufig der Fall war, nicht auf der Opernbühne, sondern im Filmset zu dem vorab im Tonstudio aufgenommenen, von allen aktionsbedingten Zufälligkeiten gereinigten Soundtrack. Es bleiben zwar einige störende asynchrone Details zwischen gesungenem Laut und Mundbewegung, doch das in solchen Fällen oft zu beobachtende Auseinanderklaffen von gespanntem musikalischem Ausdruck und entspannter Sängermiene wird hier vermieden. Zu verdanken ist das der Regie von Götz Friedrich, die aus den Sängern das Äußerste an präziser Charakterisierung herausholt. Die Naheinstellungen auf die Gesichter der Darsteller sind von höchster psychologischer Glaubwürdigkeit, die Handlung konzentriert sich auf wenige exakt definierte Spielorte, die vielen Halbdunkel-Einstellungen versetzen das morbide Geschehen und Liebe und Tod in eine Sphäre des Unheimlichen. Die musikalische Realisierung könnte kaum besser sein. Karl Böhm entlockt den Wiener Philharmonikern einen jederzeit transparenten, in allen Farben funkelnden Klang, die Sängerbesetzung erweist sich als Glücksfall. Mit Hans Beirer als neurotischem Herodes, Bernd Weikl als stimmgewaltigem und dabei weich timbriertem Jochanaan, dem hellen Tenor von Wieslaw Ochman als Narraboth und mit Teresa Stratas als liebestoller, stimmlich enorm biegsamer Kindfrau, die das Geschehen mit triebhafter Energie dem Untergang entgegen treibt, sind die Hauptrollen ideal besetzt. Ein Kabinettstück liefert Astrid Varnay als Herodias ab. Böser, kälter und herrischer kann man sich diese Figur nicht vorstellen eine Charakterstudie der konkurrenzlosen Art. © Max Nyffeler 2007
(November/2007)
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