Diese CD fesselt schon beim ersten TonWerke von Pröve und Andre, die Donaueschinger Dok und ein packendes Klarinetten-Album von Reto BieriDie phonographische Ausbeute der Donaueschinger Musiktage 2010 ist reich ausgefallen. Es war das Jahr der Streichquartette, und sechs davon sind nun in der 4-CD-Box nachzuhören, dasjenige von James Dillon sogar in der Interpretation aller drei damals vertretenen Quartette Arditti, Jack und Diotima , was interessante Rückschlüsse erlaubt. Weitere Pluspunkte sind Marco Stroppas „Let me sing into your ear“ mit seiner differenzierten Live-Elektronik, Vinko Globokars farbintensive „Radiographie d’un roman“, und natürlich „limited approximations“ von Georg Friedrich Haas, der mit seinem raffinierten Klangraum-Design in Zwölfteltönen den markanten Schlusspunkt setzte. (NEOS 11114-17) Mit seiner neuen Solo-CD mischt sich der Schweizer Klarinettist Reto Bieri unter die Besten seiner Zunft. Das ätherische sotto voce, mit dem er in Berios „Lied“ die Melodielinien in den Raum zeichnet, fesselt vom ersten Ton an, im folgenden „Contrechant“ von Holliger erweitert es sich zu einem ebenso subtil geblasenen Kosmos von Mehrklängen. Die mehrstimmigen Luft-Tongemische in Sciarrinos „Let me die before I wake“ grenzen an Zauberei. Eine perfekt kontrollierte Tongebung bestimmt auch das Klangbild der Stücke von Carter, Eötvös und Vajda. Selten hört man so eine sinnfällige, von hoher spielerischer Intelligenz getragene Darstellung der Werke auf dieser CD. (ECM 2209) Bernfried Pröve ist mit seinem Label Zeitklang nicht nur einer jener sturköpfigen und aufopferungsbereiten Labelchefs, ohne die es bald keine CDs mit neuer Musik mehr gäbe, sondern auch Komponist. Auf einer CD hat er nun eine Auswahl eigener Werke, meist Kammermusik, herausgebracht, die zuvor schon verstreut erschienen sind. Illustre Interpreten sind zu hören, darunter die Ardittis mit den wild ineinander verschlungenen Melodielinien des fünften Streichquartetts und das SWR Vokalensemble Stuttgart mit einer ekstatischen Schwitters-Vertonung. Die Solowerke für Flöte, Bassklarinette, Horn und Klavier verraten ein hohes Maß an instrumentaler Fantasie. Eine mit sicherer Hand komponierte und zugleich klangsinnliche Musik. Sie spricht den Hörer direkt an, bedrängt ihn aber nie. (Zeitklang ez-17015) Die Musiktheater-Passion „...22, 13...“ von Mark Andre, das Ereignis der Münchener Biennale 2004, liegt nun in einer Neuproduktion aus dem Berliner Radialsystem V auf einer SACD vor eine Gelegenheit, sich das klanglich exponierte Werk unter technisch vorzüglichen Bedingungen erneut anhören. Die Erinnerung täuscht nicht: Die kompromisslos harte Musiksprache mit ihren überfallartigen Ausbrüchen und den an der Hörschwelle angesiedelten Geräuschprozessen übt noch immer eine hohe Faszinationskraft aus. (NEOS 11067-68) © Max Nyffeler (12/2011) zurück zu CD-Rezensionen, Labelportraits |
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