Kammermusik mit Heinz Holliger und dem Keller QuartettMozart, Britten, Holliger und ein apartes Werk mit Theremin von Martinu
Das vierte Stück schließlich wartet mit einer überraschenden Erweiterung des Instrumentariums auf. In seiner Fantasia für Theremin, Oboe, Streichquartett und Klavier von 1945 gelingt es Bohuslav Martinu, das Theremin als vollwertiges Konzertinstrument in das Kammermusikensemble zu integrieren. Sein Klang ist weit entfernt vom pauschalen Glissandogeheul, das es in den meisten heutigen Kompositionen zu produzieren hat. Martinu setzt es vielmehr als genuines Melodieinstrument ein, das sich in die Satzstruktur und die Harmonik des Werks perfekt einpasst und sich mit Oboe und Geige gleichwertig in die Führung teilt. Die für die bruchlose Integration nötige klangliche Zurückhaltung und Intonationsreinheit gewährleistet in der vorliegenden Aufnahme die souveräne Solistin Carolina Eyck. Dass es sich hier um ein Musikvideo und nicht um eine reine Tonaufnahme handelt, ist unbedingt von Vorteil. So kann man aus nächster Nähe beobachten, welch subtile Handbewegungen es braucht, um die richtigen Tonhöhen zu treffen und eine deutliche Phrasierung und Artikulation zu erzielen. Ansonsten stellt sich bei diesen Aufnahmen wieder einmal die Frage: Warum muss klassische Musik, zumal Kammermusik, immer in irgendwelchen Schlössern gespielt werden, mit Kronleuchtern und Kachelofen als Dekoration? In diesem Fall mag die Akustik der holzverkleideten Räume eine Rolle gespielt haben. Doch das elektroakustische Theremin vor loderndem Kaminfeuer im Salon wirkt so deplatziert wie ein VW-Käfer in einem Klosterkreuzgang. Abgesehen vom Erklärungsversuch zu dieser seltsamen Bildkombination sind die Kommentare, die Heinz Holliger in einem Zusatztrack zu den vier Stücken abgibt, durchaus hilfreich. Die Werke vermögen aber auch ohne jede Erläuterung zu überzeugen; dafür sorgt eine Interpretation, wie sie kompetenter nicht sein könnte. © Max Nyffeler 2008
(9/2008)
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