Boris Berezovsky im Konzert und im Gespräch

Ein Programm mit Beethoven und wenig bekannten Russen

DVD Boris BeresovskyDer 1969 in Moskau geborene Boris Berezovsky ist ein Zauberkünstler am Klavier, der keine Schwierigkeit scheut. Seine Vorliebe gilt technisch kniffligen Werken, und er erweckt den Eindruck, Klavierspielen sei für ihn eine Art pianistischer Denksportaufgabe, die Lösung unlösbar scheinender Probleme.  In den Etudes d’exécution transcendante von Liszt (DVD naïve DR 2104 AV 103, NZfM Nr. 2/2004) wühlt er sich mit sichtlichem Vergnügen und enormem Gestaltungswillen durch die Berge von Noten, die Etüden von Chopin spielt er in den haarsträubend komplexen Transkriptionen von Leopold Godowsky (CD Warner 2564 62258-2). Neben seiner solistischen Tätigkeit tritt er aber auch als Kammermusiker in Erscheinung.

Eine von Jan Schmidt-Garre in der Reihe Legato – The World of the Piano produzierte DVD zeigt Berezovsky nun in einem Konzert in Essen aus dem Jahr 2006 mit einer ungewöhnlichen Werkauswahl: Neben Beethovens Diabelli-Variationen sind vier Märchenstücke von Nicolas Medtner, zwei chopineske Préludes und eine Bagatelle von Anatol Liadow sowie Godowskys elegantes Schmankerl Alt-Wien zu hören. Ein Kontrastprogramm: Medtner einmal mit unerhörter Leichtigkeit und dann wieder mit zupackender Energie und großen erzählerischen Bögen musiziert, Liadow und Godowsky im Detail fein belebt durch differenzierte Agogik und Artikulation. Ergänzt wird das Programm durch eine halb improvisatorische Komposition des Wahl-Münchners Dafydd Llywelyn, der auch als origineller, manchmal auch aufdringlicher Interviewpartner des konziliant reagierenden Pianisten agiert.

Die Diabelli-Variationen, Hauptstück des Programms, spielt Beresovsky klar  und trocken und fast ohne Pedal. Die Beherrschtheit und Genauigkeit des Spiels ist bewundernswert, doch wirkt es in seiner kontrollierten Distanziertheit ein bisschen unterkühlt. Mit zunehmender Durchdringung des Notentexts – hier spielt er noch nach Noten – wird sich das wohl ändern. Das enorme künstlerische Potenzial, das sich hinter seiner sympathisch zurückhaltenden Erscheinung verbirgt, hat er schon hinreichend unter Beweis gestellt. Er wird es auch bei Beethoven in die richtigen Bahnen lenken.

© Max Nyffeler 2008

DVD: Boris Berezovsky: Film von Jan Schmidt-Garre / Werke von Beethoven, Medtner, Llywelyn, Godowsky und Liadow / PCM Stereo, Dolby digital, DTS surround / Bild 16:9 NTSC / 193 min. / EuroArts 2055758

(1/2008)

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