Liebermann, der Entertainer
Maschinenmusik und Zwölftonjazz mit George Gruntz
Dass der 1999 verstorbene Rolf Liebermann, Komponist und erfolgreicher Opernintendant in Hamburg und Paris, auch eine versteckte Begabung zum Entertainer hatte, schimmert nicht nur zwischen den Zeilen seiner Autobiographie "Opernjahre" durch, sondern prägt auch manche seiner Kompositionen. Der Zwölftöner, der sich in seiner Jugend in Zürich auch als Kabarettpianist betätigt hatte, sorgte 1954 in Donaueschingen mit seinem Konzert für Jazzband und Symphonieorchester für Aufsehen. Zehn Jahre später da war er bereits Chef der Hamburger Oper komponierte er für den Wirtschaftspavillon der Schweizerische Landesausstellung in Lausanne die "Symphonie Les Echanges", ein ebenso witziges wie spektakuläres Dreiminutenstück, in dem 156 lochkartengesteuerte Büromaschinen wie von Geisterhand gelenkt drauflosklappern. Parallel dazu enstand in Zusammenarbeit mit dem Jazzmusiker George Gruntz eine Jazzversion für präpariertes Klavier und zwei Schlagzeuger.
Beide Werke liegen nun auf der CD "Expo Triangle" vor: die Originalaufnahme des Maschinenstücks von 1964 und die Jazzversion diese in einer Neuaufnahme mit dem in alter Frische spielenden George Gruntz. Die lebenslange Zusammenarbeit von Liebermann und Gruntz, der 1988 auch die Musik zur Bob-Wilson-Produktion "Cosmopolitan Greetings" in Hamburg lieferte, hat sich noch in zwei weiteren Stücken niedergeschlagen: in den "Brain Plays" für Klavier und zwei Schlagzeuger, deren zwölftönige Improvisationsmuster offensichtlich von Liebermann beeinflusst sind, und in der von Gruntz angeregten reinen Bigband-Version des alten Konzerts für Jazzband und Symphonieorchester. Sie liegt nun unter dem Titel "Symphony for Jazz Ensemble" als Schallplattenpremiere vor.
Das bald fünfzig Jahre alte Werk, das Jazzdrive und zwölftönige Grundstruktur problemlos miteinander verbindet, wird in dieser Version mit neuer Vitalität aufgeladen, die es vermutlich auch für die nächsten fünfzig Jahre fit hält. Unter den oft bemühten Versuchen in der von der Musikindustrie erfundenen Sparte "Crossover" ist es schon heute ein Klassiker.
© Max Nyffeler (4/2001)
George Gruntz/Rolf Liebermann, Expo Triangle: Symphonie Les Echanges (Jazz-Version und Maschinenversion); Brain Plays; Symphony for Jazz Ensemble. George Gruntz Percussion Ensemble und Concert Jazz Band. Musikszene Schweiz, CD 6170 (Vertrieb D: Harmonia Mundi)
Dossier Rolf Liebermann
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