Singende Sägen und LautgesängeNeuerscheinungen für Theremin, Horn, Streichquartett und StimmeDas Theremin, eine Art elektrifizierte Singende Säge und Vorform elektronischer Klangerzeuger, steht im Zentrum der CD Touch! Don’t Touch!, auf der Barbara Buchholz und Lydia Kavina zusammen mit dem Kammerensemble Neue Musik Berlin acht eigens für sie komponierte Stücke vorstellen. Der Klang des vom russischen Ingenieur Léon Theremin vor 85 Jahren erfundenen Instruments entsteht durch Handbewegungen „in der Luft“, genauer: in einem elektrischen Feld. Die acht Komponisten zaubern Glissandi vom zärtlich-poetischen Heulen bis zum drohenden Gejaule aus der Apparatur. Dem sacharinsüßen Klangkonfekt setzt Moritz Eggert mit seiner parodistischen Dracula-Fantasie das Sahnehäubchen auf. Eine CD für technische Nostalgiker und Liebhaber der etwas schrägeren Klänge. (Wergo 6679-2) Dass Musik für Horn mehr ist als Freischütz-Romantik und Jagdgeschmetter, demonstriert Andrew Joy, Solohornist des WDR-Sinfonieorchesters, an Werken von Olivier Messiaen bis Bernfried Pröve mit hohem Können. Die Miniaturen des Hornduos Accords perdus von Gérard Grisey (mit Christine Chapman) sind scharf konturierte Klangplastiken, Scelsis suggestive Quattro pezzi gestaltet er mit enorm wandlungsfähigem Ton. Durch Reflexion und Konstruktion gefilterte romantische Töne klingen in Ligetis seinerzeit als „postmodern“ gescholtenem Horntrio von 1982 an. Die Aufnahme mit Christian Ostertag (Violine) James Avery (Klavier) glänzt durch eine klanglich fein abgestimmte, luftig-transparente Interpretation. (Edition Zeitklang 12014) In einer Live-Aufnahme von 2005, noch in der alten Besetzung mit dem Cellisten Rohan de Saram, ist das Arditti Quartett mit einer reizvollen Kombination von drei sehr unterschiedlichen Werken zu hören. György Ligetis zweites Quartett, ein altes Repertoirestück, wird eingerahmt von Kompositionen von Conlon Nancarrow und Henri Dutilleux. In den vierstimmigen Kanons von Nancarrows drittem Quartett halten die Interpreten ihre unterschiedlichen Tempi kaltblütig durch , was ein stachliges, rhythmisch gespanntes Klangbild erzeugt. Die Farbreize und sensibel abgestuften Ausdruckswerte in Ainsi la nuit, einer Folge nächtlicher Impressionen von Dutilleux, bilden dazu einen denkbar großen Kontrast. Ein stilistischer Spagat auf hohem Seil für die Ardittis kein Problem. (Wigmore Hall live, WHL 0003) Zwei Werke von Hans Zender und zwei Arten, intelligent mit Text umzugehen: Wie pure Lautkombinationen semantisch aufgeladen und musikalischen Sinn erzeugen können, zeigen die funkelnden Miniaturen von Cabaret Voltaire nach Texten von Hugo Ball. Durch den Gesang beginnen die dadaistischen Lautfolgen zu sprechen, wobei der Instrumentalsatz einen Resonanzraum für sie bildet. In Mnemosyne Hölderlin lesen IV hingegen wird der semantisch kohärente Text in rhythmisches Sprechen und Sprechgesang überführt; die Instrumente liefern dazu die musikalischen Kommentare und Reflexionen. Die Dramatik dieses Recitativo accompagnato wird von Salome Kammer und dem Klangforum Wien unter der Leitung des Komponisten hart und präzis nachgezeichnet. (Kairos 0012522) © Max Nyffeler (Oktober/2006) zurück zu CD-Rezensionen, Labelportraits |